Allergie und Schwangerschaft

 

Auch Allergikerinnen werden schwanger – wenn man einer dänischen Untersuchung Glauben schenkt, sogar schneller als andere Frauen. 

Möglicherweise führen die Allergie-typischen Veränderungen im Immunsystem dazu, dass eine befruchtete Eizelle sich leichter in der Gebärmutter einnisten kann. Ist die Schwangerschaft eingetreten, kommen die Fragen. 

Kann ich meine Medikamente noch nehmen? Was mache ich, wenn ich einen Asthmaanfall bekomme? Muss ich die Hyposensibilisierung jetzt abbrechen? 

Grundsätzlich gilt: Auch in der Schwangerschaft sollte man Allergien behandeln. Allerdings müssen einige Besonderheiten beachtet werden. Die beste Beratung diesbezüglich finden schwangere Allergikerinnen bei einem allergologisch geschulten Facharzt.

Keine Allergie-Hauttests in der Schwangerschaft

Schwangere, die bereits früher unter Heuschnupfen litten, kennen die typischen Symptome: plötzliche Niesattacken, Triefnase, juckende Augen. „Treten die Beschwerden zur selben Zeit auf wie sonst auch, zum Beispiel während des Pollenflugs, ist meistens klar, dass sie durch die Allergie verursacht sind“, erklärt Professor Dr. Schultze-Werninghaus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI). „Wenn die Krankheitszeichen jedoch zum ersten Mal bestehen, muss der Arzt durch genaues Erfragen der Symptome sowie des Ortes und Zeitpunktes ihres Auftretens die Diagnose sichern. Oft sind zusätzlich Blutuntersuchungen nötig. Die sonst üblichen Hauttests verbieten sich während der Schwangerschaft wegen der – wenn auch minimalen – Gefahr eines allergischen Schocks.“

Nasensprays mit Cortison oder Cromoglicinsäure

Zur Behandlung von Heuschnupfen während der Schwangerschaft eignen sich Nasensprays, die etwas Kortison enthalten. Es gibt bisher keinerlei Hinweise darauf, dass sie das Kind schädigen. Dasselbe gilt für Nasensprays mit dem Wirkstoff Cromoglicinsäure, die allerdings weniger effektiv sind. Auch so genannte Antihistaminika werden Schwangeren relativ häufig verordnet. Die Hersteller dieser Präparate raten von einer Anwendung meist ab, da es zu wenige Untersuchungen dazu gibt. „Die Risiken durch Antihistaminika sind allerdings unklar“, so der Allergologe Schultze-Werninghaus. „Einige ältere Wirkstoffe schädigten im Tierversuch das ungeborene Leben, und insbesondere bei neueren Präparaten bestehen wenig Erfahrungen mit der Anwendung in der Schwangerschaft. Im Einzelfall sollte der Arzt die Medikamente wählen, deren Unbedenklichkeit am zuverlässigsten dokumentiert ist. Besonders kritisch ist zu prüfen, ob überhaupt Medikamente erforderlich sind.“ Abgesehen von Arzneien gilt für schwangere Allergikerinnen wie für alle anderen Allergiker auch die Empfehlung, die Allergieauslöser zu meiden. Dazu sollten zum Beispiel während der Pollensaison die Fenster geschlossen bleiben und die Haare vor dem Schlafengehen gewaschen werden. Allerdings ist es praktisch unmöglich, Allergieauslösern wie Pollen oder den Ausscheidungen der Hausstaubmilbe völlig aus dem Weg zu gehen. Schultze-Werninghaus: „Deshalb sind auch bei Schwangeren Medikamente häufig nicht zu umgehen.“

Hyposensibilisierung kann in bestimmten Fällen weitergehen

Die einzige ursächlich wirkende Therapie gegen allergische Erkrankungen ist zurzeit die spezifische Immuntherapie (SIT), auch Hyposensibilisierung oder Allergie-Impfung genannt. Für eine SIT wird dem Patienten die Substanz, auf die er allergisch reagiert (das Allergen), regelmäßig in ansteigenden Dosen bis zu einer Maximaldosis unter die Haut gespritzt. Dadurch gewöhnt sich das Immunsystem an das Allergen und reagiert nicht mehr mit einer krankhaften Abwehrreaktion. Gemäß den Leitlinien der Fachgesellschaften kann eine bereits laufende SIT, die die Patientin in der Maximaldosis bisher gut vertragen hat, nach Eintritt einer Schwangerschaft weitergeführt werden. In jedem Fall sollte dann aber eine besonders sorgfältige Überprüfung des Nutzen/Risiko-Verhältnisses erfolgen. Insbesondere bei Vorliegen einer vitalen Indikation, vor allem bei einer schweren Allergie gegen Insektengifte, ist eine Fortführung der SIT anzuraten, um einer anaphylaktischen Reaktion nach einem Insektenstich vorzubeugen. Dagegen sollte bei Schwangeren nicht neu mit einer SIT begonnen werden. Hintergrund: In sehr seltenen Fällen kann es zu einer allergischen Schockreaktion kommen. Diese lässt sich in der Schwangerschaft wesentlich schlechter behandeln – Mutter und Kind sind dann gefährdet.

Hormone machen die Nase dicht

Veränderungen im Hormonhaushalt während der Schwangerschaft können allergischen Schnupfen verstärken. Sie führen dazu, dass sich die Blutgefäße der Nasenschleimhaut erweitern und die Schleimhaut anschwillt. 

Jede fünfte Frau leidet deshalb während der Schwangerschaft an einer verstopften Nase, besonders zu Beginn des zweiten Schwangerschaftsdrittels. Allergikerinnen scheinen etwas häufiger betroffen zu sein.

Für Linderung sorgt Kochsalzlösung als Nasenspray oder die pflegende Substanz Dexpanthenol. Außerdem helfen viel frische Luft, Sport und Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper. In schweren Fällen können kurzzeitig abschwellende Nasentropfen gegeben werden – am besten immer abwechselnd nur auf einer Seite und in möglichst niedriger Konzentration. 

Cortisonhaltige Nasensprays sind nach genauer Abwägung auch in der Schwangerschaft eine weitere Therapieoption.

Asthma: Risiko durch Krankheit größer als durch Medikamente

Bei Patientinnen, die nicht „nur“ an Heuschnupfen leiden, sondern an allergischem Asthma, ist entscheidend, die Krankheit auch während der Schwangerschaft unter Kontrolle zu halten.

Schultze-Werninghaus: „Schlecht eingestelltes Asthma und Asthmaanfälle begünstigen Schwangerschaftskomplikationen und Frühgeburten. Außerdem wird das Wachstum des Kindes beeinträchtigt. Schwangere Asthmatikerinnen sollten deshalb grundsätzlich ihre Medikamente weiter wie gewohnt anwenden. Die Risiken durch unkontrolliertes Asthma sind größer als die Risiken der Arzneien.“ 

Zur Basistherapie bei Asthma gehören cortisonhaltige Sprays, die die chronische Entzündung der Atemwege eindämmen. Auch die so genannten beta2-Sympathomimetika werden meist als Spray verabreicht. Sie erweitern die Bronchien. 

Mit beiden Medikamentengruppen liegen langjährige Erfahrungen bei Schwangeren vor, Schädigungen bei den Kindern wurden noch nicht beobachtet. 

Auch die Substanz Theophyllin – ebenfalls ein häufiges Asthmamittel – scheint Mutter und Kind nicht zu gefährden. Hier muss der Arzt allerdings regelmäßig den Blutspiegel des Medikamentes bestimmen. Wenig Erfahrungen bei Schwangeren gibt es mit der neueren Arzneimittelgruppe der Leukotrien-Antagonisten. Ihr Einsatz sollte deshalb zurückhaltend erfolgen. 

Ist das Asthma anders nicht in den Griff zu bekommen, kommt man manchmal auch in der Schwangerschaft um Kortison in Tablettenform nicht herum. In diesen schweren Fällen überwiegt der Nutzen der Arznei mögliche Gefahren.

Wie sich die Schwangerschaft auf das Asthma auswirkt, variiert. Oft bleiben die Beschwerden gleich, manchmal bessern sie sich, manchmal werden sie aber auch schlechter. Schultze-Werninghaus: „Bei Schwangeren, die an Asthma leiden, sollte die Lungenfunktion besonders sorgfältig überwacht werden, um eine Verschlechterung früh zu erkennen und Mutter und Kind zu schützen.“ 

Wichtig zu wissen: Ein Asthmaanfall in der Schwangerschaft ist immer ein Notfall. Er gefährdet akut die Sauerstoffversorgung des Kindes und muss im Krankenhaus behandelt werden. Während eines Asthmaanfalls kann es zu Kontraktionen der Gebärmutter kommen. Sie hören meistens wieder auf, wenn der Asthmaanfall erfolgreich behandelt wurde.

Wenn das Kind da ist

Allergikerinnen sollten stillen, denn Muttermilch ist die beste Nahrung für das Kind. 

Für Babys von Allergikerinnen ist Stillen sogar besonders wichtig: Die Kinder haben ihrerseits ein erhöhtes Allergierisiko. Ausschließliches Stillen in den ersten vier bis sechs Monaten beugt diesem Risiko vor. 

Auf notwendige Medikamente müssen Allergikerinnen und insbesondere Asthmatikerinnen während der Stillzeit nicht verzichten. Um ganz sicher zu gehen, empfiehlt sich eine kurze Rücksprache mit dem allergologisch ausgebildeten Facharzt. 

Zur Vorbeugung allergischer Erkrankungen bei Kindern allergiekranker Mütter raten der Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA) und die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI):

Ausschließliches Stillen in den ersten vier, wenn möglich ersten sechs Monaten.

Wenn Stillen nicht möglich ist: Ernährung des Kindes mit hypoallergener Säuglingsnahrung.

Auf stark allergieauslösend wirkende Nahrungsmittel (z.B. Nüsse, Eier, Fisch) sollte die Mutter während des Stillens nur verzichten, wenn trotzdem eine vollwertige Ernährung gesichert ist.

Keine Beikost bis zum vierten Lebensmonat.

Vermeidung von Aktiv- und Passiv-Rauchen.

Keine Katzen, Kaninchen und Meerschweinchen oder andere Tiere mit Fell im Haushalt.

Die Belastung durch Hausstaubmilben reduzieren. Schimmelpilzwachstum in der Wohnung verhindern.

Kinder nach den Empfehlungen der STIKO (Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut) impfen.

Quelle: Allergie-Informationsdienst